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Songtext

Wir sind hier und wir sind laut
damit ihr endlich Brücken baut. (3x)

Brücken bau’n
Was soll das eigntlich heißen?
So aus Beton und Stahl
Kann sich doch niemand leisten.

Eine Brücke über’s Mittelmeer
Was für ein komischer Gedanke.
Bau’n wir doch lieber ein paar Mauern,
Zäune und ne fette Schranke.
Und am besten alles hoch genug
So circa fünf Meter zehn.
Denn dann müssen wir das Elend
nicht mit eig’nen Augen seh’n.

Was da in manchen Köpfen vorgeht
kann ich wirklich nicht versteh’n.
Mauern hatten wir doch schon einmal
Lass uns jetzt neue Wege geh’n.

Das Menschenrecht auf Würde bildet ein starkes Fundament.
Dicke Seile aus Verantwortung und Hoffnung als Zement.
Eine Grundmischung aus Hilfsbereitschaft, Mut und Einigkeit.
Dazu noch Liebe, Stärke und der Glaube an die Menschlichkeit.

Wenn du sagst, das sind nur Worte,
leere Phrasen und Konstrukte.
Sag‘ ich dir, dann lass uns starten
und aus Werten werden Taten.

Fluchtursachen ernst nehmen und Ängste respektieren.
Menschen helfen, für sie da sein, Aufenthalt legalisier’n.
Seenotrettung nicht bestrafen, sondern sich’re Wege schaffen.
Unterstützung etablier’n, anstatt Fluchtwege zu blockier’n.

Genau daraus könn‘ wir Brücken bau’n,
wenn alle anpacken, statt wegzuschau’n,
Rechte nicht mehr ignorier’n,
für Humanismus demonstrieren.


Hintergrund

Dieses Lied habe ich im Jahr 2018 geschrieben, als wir in Oldenburg unsere erste Seebrückendemo organisiert haben. Seit etwa 3 Jahren waren zu dem Zeitpunkt schon Menschen aus Syrien und anderen (vor allem nordafrikanischen) Staaten nach Europa gekommen, die vor dem Krieg dort fliehen mussten. Nachdem die Hauptfluchtroute über die Balkanstaaten zugemacht worden war, nahmen und nehmen noch heute immer mehr Menschen den gefährlichen Weg über das Mittelmeer auf sich. Nicht selten kentern die kleinen Boote, die mit viel zu vielen Menschen einen viel zu weiten und gefährlichen Weg ansteuern. Seit 2014 sind so bereits mindestens 26.865 Menschen auf dem Mittelmeer ertrunken.1

Und als wenn es nicht genug wäre, dass sich Menschen auf diesen lebensgefährlichen Weg machen (müssen), werden auch noch genau die Menschen angeklagt, die die Menschen mit Seenotrettungsschiffen retten und sie sicher an Land bringen. Natürlich stellt es keine langfristige Lösung dar, die Menschen aus dem Mittelmeer zu retten. Daher ist auch eine zentrale Forderung seit Gründung ziviler Seenotrettungsorganisationen, die Fluchtursachen zu bekämpfen und legale Fluchtwege zu schaffen.2

Doch die Hintergründe zur Flucht nach Europa, inkl. menschenfeindlichen Pushbacks u.ä., sollten inzwischen hinreichend bekannt sein (Wenn nicht, gibt es dazu ausführliche Informationen auf den Webseiten von ProAsyl und Sea-Watch). Was mich aktuell dazu bewogen hat, möglichst schnell dieses Lied aufzunehmen und auf meine Website zu stellen, ist die Verschärfung der Asylsystems, die die vor kurzem vom Rat der EU-Innenminister:innen beschlossene Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) bewirkt.

Nach der vorgesehenen Reform sollen Asylverfahren direkt an der Außengrenze Europas in haftähnlichen Lagern eingeleitet werden. Dabei wird der Einstufung einiger Länder in „sichere Herkunftsstaaten“ eine hohe Bedeutung zukommen, da diese Maßgeblich zu einer Ablehnung des Asylantrags beiträgt. Auch Kindern wird es ggf. nicht erspart bleiben, mit ihren Familien inhaftiert zu werden, sofern sie aus einem „sicheren“ Herkunftsland geflohen sind, keine Pässe bei sich tragen und ihnen eine vorsätzliche Vernichtung dessen vorgeworfen wird oder sie über „sichere“ Drittstaaten geflohen sind. Kommen flüchtende Menschen aus Syrien z. B. in Griechenland an, werden sie inhaftiert, da die Türkei als sicherer Drittstaat zählt (Warum eine Einstufung der Türkei als sicheres Herkunftsland fragwürdig erscheint, könnt ihr im Hintergrundbeitrag zu meinem Lied „Für die Sicherheit“ lesen). Leider ist es der Bundesregierung nicht gelungen, die angekündigten Ausnahmen für Familien mit Kindern durchzubringen – und trotzdem hat sie der Reform in der aktuellen Form zugestimmt. 3,4

Menschen, die Geflüchteten vorwerfen, sie hätten keinen legitimen Grund, nach Europa zu flüchten, können sich vermutlich nicht im geringsten vorstellen, welches Leid diese Menschen in ihren Ländern erfahren haben. Ich kann mir das auch nicht vorstellen. Aber ich maße mir auch nicht an, darüber zu urteilen und Menschen, die solch eine Reise auf sich genommen, ihr gesamtes Geld investiert haben, zurück in ihr Land zu schicken, in dem sie wohlmöglich verfolgt und gefoltert werden oder aufgrund der Klimakrise keine Aussicht mehr auf eine gesicherte Lebensgrundlage haben. Darum hoffe ich und kämpfe mit dafür, dass das Recht auf Asyl nicht durch die aktuelle Reform des GEAS zunichte gemacht wird.

Ich will keinen Zaun, keine Mauer und keine Schranken um Europa! Ich will, dass Menschen mit Würde behandelt, ihre Ängste und Sorgen ernst genommen werden und ihr Recht darauf, woanders Schutz zu suchen, umgesetzt wird!

Quellen
1) https://missingmigrants.iom.int/region/mediterranean
2) https://sea-watch.org/ueber-uns/faq/#1534417557179-d5a40b15-101f
3) https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gruene-eu-asylrechts-reform-100.html
4) https://www.proasyl.de/news/ausverkauf-der-menschenrechte-deutschland-stimmt-fuer-aushebelung-des-fluechtlingsschutzes/